"Welchen Anteil haben sie an dieser Revolution getragen,
die bereits so viele Länder verwüstet hat und viele andere bedroht?
Wie sie dieses unglückselige Monster erzeugten,
das man Jakobinismus nennt, das in diesen Tagen des Entsetzens
und der Verwüstung ungehindert und fast unbehindert wütet.
Kurzum, welche Wirkung haben die Ideale der Illuminaten
hervorgebracht?“
Abbé Barruel „Mémoires pour servir à l'histoire du Jacobinisme, III“, 1797
Für den französischen Verschwörungstheoretiker Abbé Barruel ist es unumstößlich: die Bayerischen Illuminaten sind die geistigen Väter der Französischen Revolution. Ihre Ziele und Ideale hätten die
Vorarbeit geleistet und seien so letztlich verantwortlich für die blutigen Folgen der Revolution.
Der ehemalige Jesuitenpater spürt in mehreren Bänden seines Buches den „Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Jakobinismus“ nach und spinnt darin einen weiten Verschwörungsbogen, in dessen Mittelpunkt
die Illuminaten stehen. Mehrfach nennt er ihre geistigen Ideale ein „Monster“, das sich von Bayern aus unkontrolliert in Europa ausgebreitet habe und dort nun ungehemmt wüte.
Die Illuminaten, jener legendenumrankten Geheimbund, der in Ingolstadt gegründet wurde - im 18ten Jahrhundert, im Zeitalter der Aufklärung. Es war ein gesellschaftlicher und geistiger
Emanzipationsprozess. Der aufgeklärte Mensch soll nicht mehr an die Vorgaben der Obrigkeiten oder an Zwänge von Mode und Zeitgeist gebunden sein, sondern sein Leben und Denken selbst bestimmen. Sich
also „seines eigenen Verstandes bedienen“.
Adam Weishaupt, 1748 in Ingolstadt geboren, besuchte das Jesuiten-Gymnasium, studiert Philosophie, Geschichte und Staatswissenschaften. Später wird er Professor: für Jura und Kirchenrecht an der
Ingolstädter Universität - einer Hochburg der Jesuiten.
Bis zum Jahre 1773, bis zur Aufhebung des Jesuitenordens durch Papst Clemens XIV., sind viele bayrische Bildungsanstalten fest in jesuitischer Hand. Damals gilt der Orden, insbesondere bei den
Aufklärern, als "dogmatisch borniert und wissenschaftsfeindlich". So ist etwa die Modernisierung des Lehrangebotes, die Einführung der Studienfächer Chemie und Botanik lange Zeit nicht möglich
aufgrund des Widerstandes der Theologischen Fakultät.
Der erst achtundzwanzigjährige Weishaupt war der einzige Professor in Ingolstadt ohne jesuitische Vergangenheit und dementsprechend isoliert im Lehrkörper, was auch an seiner Begeisterung für die
Ideen der Aufklärung lag. Um seinen Schülern Schutz vor jesuitischen Intrigen zu bieten, die er allerorten vermutete, vor allem aber, um ihnen Zugang zu zeitgenössischer kirchenkritischer Literatur
zu gewähren, gründete er 1776 den geheimen Weisheitsbund, der in seiner Anfangszeit nicht mehr als ein antiklerikaler Lesezirkel von höchstens zwanzig Mitgliedern war.
Der Orden war ganz dem Weltbild der Aufklärung verpflichtet. Ziel war die Verbesserung und Vervollkommnung der Welt im Sinne von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit und die Verbesserung und
Vervollkommnung seiner Mitglieder.
Wenige Jahre nach seiner Gründung kam er in 70 verschiedenen Städten auf höchstens 1.000 bis 1.500 Mitglieder, welche zu rund einem Drittel zugleich Freimaurer waren. Schwerpunkte waren Bayern und
die thüringischen Kleinstaaten Weimar und Gotha. Bekannte Mitglieder waren unter anderem Freiherr von Knigge, Goethe, Herder oder der Architekt des modernen Bayern Graf Montgelas.
1784 wurde in Bayern der Illuminaten-Orden durch Kurfürst Karl Theodor verboten. Papst Pius VI. erklärte die Mitgliedschaft im Illuminaten-Orden als unvereinbar mit dem katholischen Glauben. Als
Weishaupt, von dem man damals nicht wusste, dass er der Gründer des Ordens war, sich zum katholischen Glauben bekennen sollte, floh er 1785 aus Ingolstadt und ließ sich in Gotha nieder.
gekürzter Auszug aus "Frankenstein in Ingolstadt - ein Mythos kehrt zurück",
Michael Klarner, Ingolstadt 2007