Wieso sie ihrem Protagonisten den Namen »Frankenstein« gab, darüber ist viel geschrieben und spekuliert worden. Mary Shelley schreibt später dazu, ihr sei der Name im Traum erschienen. Wahrheit oder literarische Verklärung?
Zunächst eine geografische Spurensuche nach »Frankenstein« als Ortsnamen. Sie führt uns, neben Nennungen in Sachsen, Rheinland-Pfalz und Schlesien, nach Hessen, in die Nähe des heutigen Darmstadt. Dort liegt an der Bergstraße im Odenwald die Burg Frankenstein, heute eine Ruine, die alljährlich Ende Oktober aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht, wenn Tausende zu einem mehrtägigen »Halloweenfestival« zusammenkommen.
Der Berg, auf dem sie steht, hat mutmaßlich der Burg den Namen gegeben. Während der Völkerwanderung siedelten hier die
Franken und so wurde der Berg tatsächlich zum »Stein der Franken«.
Inwieweit ist diese Burg der Namensgeber für Mary Shelleys Romanfigur? Der amerikanische Geschichtsprofessor Radu Florescu beschreibt in seinem Buch »In Search of Frankenstein« (1975), dass Mary
Shelley, gemeinsam mit ihrem späteren Ehemann und ihrer Stiefschwester, bei einer Reise den Rhein entlang 1814 in die Nähe der Burg Frankenstein gekommen ist, diese vielleicht sogar besucht habe.
Eine Reihe von Gründen lassen heute an dieser Vermutung aber Zweifel aufkommen.
Legendär ist auch Johann Konrad Dippel (1673-1734), der auf Burg Frankenstein geboren wurde. Fasziniert von den Studien des Paracelsus verbrachte er sein Leben auf der Suche nach Wissen als wandernder Gelehrter und Alchemist. Einige seiner Werke tragen die Signatur "Frankenstein"; er behauptete auch das Geheimnis des Steins der Weisen zu kennen und die Fähigkeit zu haben, Leben zu erschaffen ... Kannte Mary Shelley diese Legende? Reine Vermutung, sie selbst hat uns hierzu nichts hinterlassen.
Andere sehen in der Namenswahl den Versuch einen deutsch-klingenden Namen zu komponieren, aus den Bestandteilen »Frank« und »Stein«. Oder vermuten darin die eingedeutschte Version von Benjamin Franklins Nachnamen - der Naturwissenschaftler hatte den Blitzableiter erfunden. Oder versteigen sich gar zu der Annahme, dass sich darin eine Metapher für den Heiligen Gral verbirgt, eines freien (engl. frank), steinernen Gefäßes, das jenen, die davon trinken, ewiges Leben verheißt.
Doch genug der wilden Spekulation. Wir wollen daran festhalten, was uns Mary Shelley selbst hinterlassen hat: den Hinweis, ihr sei der Name im Traum erschienen. Vielleicht war es ja auch tatsächlich so.